Mit dem nunmehr vollzogenen Brexit wird unübersehbar, dass eine Mehrheit der Schotten die Unabhängigkeit von Großbritannien wünscht. In Katalonien trifft das zwar nicht auf die Mehrheit zu, aber es ist doch wichtig, sich einmal die Unterschiede bei dem Wunsch nach Unabhängigkeit bewußt zu machen.

Eine kurze Erläuterung.

Die katalonische Unabhängigkeitsbewegung mit ihren beiden Hauptparteien JxCat und ERC unterscheidet sich politisch grundsätzlich überhaupt nicht von den beiden spanischen Hauptparteien, PP und PSOE. Alle wollen NATO, EU und Neoliberalismus. Über die spanische Verfassung ist 1978 in ganz Spanien, also auch in Katalonien positiv abgestimmt worden. Artikel 2 lautet: „Die Verfassung basiert auf der unauflöslichen Einheit der spanischen Nation, dem gemeinsamen und unteilbaren Heimatland aller Spanier, und anerkennt und garantiert das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen, aus denen sie sich zusammensetzt, sowie die Solidarität unter ihnen allen.“ Zur spanischen Verfassung gehört, dass in Gebieten mit Regionalsprachen Spanisch und die jeweilige Regionalsprache gleichberechtigt sind. Letzteres wird von der katalanischen Regierung nicht beachtet, stattdessen herrscht eine Sprachdiktatur ähnlich wie unter Franco. Nur dass jetzt Spanisch statt Katalan unterdrückt wird. Die spanische und die katalanische Regierungen unterscheidet nichts außer ihre Verliebtheit in diesen Konflikt, der von ihrer Korruption und den Problemen des Landes ablenkt. Divide et impera - Teile und Herrsche!

Schottland ist seit 1707 Teil Groß-Britanniens durch königliche Beschlüsse. Eine britannische durch Wähler bestätigte Verfassung existiert nicht. Ein bestimmender Unterschied in der Politik besteht in der Frage der Zugehörigkeit zur EU. Die schottischen Unabhängigkeitsbefürworter zwingen der englischsprachigen Mehrheit Schottlands nicht die Regionalsprache Schottisch-Gälisch auf. Sie verhalten sich im Unterschied zu den katalanischen Separatisten da ganz demokratisch.

Dass die Katalanen kein Selbstbestimmungsrecht haben ergibt sich nicht nur aus den Erklärungen der EU, sondern auch aus denen der UNO^[1]. Außerdem aus den Umständen, aus denen ein Selbstbestimmungsrecht zugestanden wird.

Das Selbstbestimmungsrecht ist im wesentlichen an bestimmte Bedingungen gebunden, beispielsweise ob es sich gegen koloniale Herrschaftsverhältnisse richtet. Das ist weder in Katalonien noch in Schottland der Fall. Dazu gehört aber, wie im Falle einer Unabhängigkeit mit Minderheiten umgegangen wird. Da wäre in Schottland nichts zu befürchten, in Katalonien ist dieser Umgang mit der spanischsprachigen Mehrheit jetzt schon katastrophal und gegen jede Verfassung, die man als demokratisch bezeichnen könnte.