Die katalanischen Sozialisten (PSC), „Ableger“ der PSOE von Pedro Sánchez haben die Wahl gewonnen und die konservativ, neoliberalen Junts von Carles Puigdemont belegen den 2. Platz, sie haben offensichtlich der ERC Stimmen weggenommen. Für die Separatisten bleibt die Erkenntnis, dass es, wie bisher auch, keine Mehrheit für die Unabhängigkeit von Spanien gibt.
Insofern ist dieses Ergebnis zunächst eine Beruhigung für die Fortdauer der spanischen Regierung und der angespannten Situation in Katalonien selbst. Die Sprachensituation ist jedoch nicht gelöst. In Katalonien gibt es drei Amtssprachen: Spanisch, Katalan und Aranesisch. Die Frage, die uns daher hier beschäftigt, was wird sich in Bezug auf den Sprachzwang ändern?
Im wesentlichen bestimmen 7 Parteien das zukünftige Geschehen im katalanischen Parlament. Als unionistisch kann man den Wahlsieger PSC, sowie die PP und VOX verstehen, ERC, Junts und CUP sind separatistisch. Zur Regierungsbildung benötigt die PSC die ERC und Comuns Sumar oder die Junts. Comuns Sumar versucht der Frage der Unabhängigkeit eher auszuweichen und scheint meines Erachtens mehr Wert auf ein feministisches Katalonien zu legen. Auf jeden Fall bedeutet das Ergebnis der Wahl eine Stärkung der spanischen Regierung unter Sánchez, die Forderungen der Separatisten werden sich im Gegenzug für die Unterstützung von Sánchez wohl kaum minimieren. Damit wird sich in allen wesentlichen Fragen weder in Katalonien noch in Spanien nichts wirklich ändern.
Das gilt vor allem für den Sprachzwang in Katalonien. Der Wahlsieger, die PSC und die PP vertreten im Prinzip in dieser Frage den selben Standpunkt wie die Separatisten. Das heißt, die Politiker wollen entscheiden, wie das Volk zu sprechen hat, in welcher Sprache die Schüler lernen sollen. Nur die VOX scheint eine Ausnahme zu sein, wenn man ihre Stellugnahme liuest. Man muss allerdings wissen, dass sie in Valencia, nachdem sie die Regierung zusammen mit der konservativen PP bildeten, umgekippt ist und ihre Forderungen nach freier Wahl der Unterrichtssprache „vergessen“ hat.
Schauen wir uns einmal an, wie die Versprechungen1 lauteten.
Esther Niubó (PSC, Partido de los Socialistas de Cataluña / Sozialistische Partei Kataloniens): „In der Sprachenfrage verteidigte sie die Beibehaltung des obligatorischen Immersionsunterrichts in Katalanisch für spanischsprachige Schüler...“
Anna Simó (ERC, Izquierda Republicana de Cataluña / Republikanische Linke Kataloniens): „Sie verteidigte die Förderung von integrativen Schulen und die verstärkte Verwendung der katalanischen Sprache als die beiden grundlegenden Maßnahmen zur Verbesserung der Ergebnisse und forderte eine nationale Vereinbarung zu diesen beiden Themen. Sie sagte, dass der Gebrauch des Katalan in den weiterführenden Schulen zurückgegangen sei, dass die Vorschrift eines Mindestanteils von 25 % in spanischer Sprache ein Angriff auf das Katalan sei und dass eine neue Umschulung der Lehrer erforderlich sei, wobei die Anzahl der katalanischen Module für Berufsschullehrer erhöht werden müsse.“
Francesc Ten (Junts, Juntos por Cataluña / Junts): „Er verteidigte ... die Förderung von integrativen Schulen ... und die Förderung des Gebrauchs der katalanischen Sprache...die Inspektoren aufzufordern, Maßnahmen zu ergreifen, wenn Katalan nicht auch auf den Fluren, in den Kantinen und bei außerschulischen Aktivitäten verwendet wird, zu verhindern, dass Lehrer die Sprache wechseln, sicherzustellen, dass in den Schulräten stets Katalan verwendet wird...“
Manuel Acosta (VOX - rechtsextrem): „Er begann damit, dass in Katalonien seit mehr als 500 Jahren zwei Sprachen gesprochen werden, dass derzeit 55 % der Katalanen Spanisch als Muttersprache haben, dass Spanisch keine Minderheitensprache, sondern eine minorisierte Sprache ist, dass viele Millionen in die Förderung des Katalan investiert wurden, obwohl die Ergebnisse der Schüler bei den PISA-Tests 2022, die in katalanischer Sprache durchgeführt wurden, schlecht ausgefallen sind, dass die Studie von Calero und Choi einen Verlust von etwa 12 PISA-Punkten bei den Ergebnissen der spanischsprachigen katalanischen Schüler festgestellt hat, und schlägt daher vor, den Eltern die freie Wahl der Sprachmodelle zu ermöglichen. “
David Caño (CUP - linksextrem). Keine Erwähnung zur Sprachensituation im AMES Dokument.
Fernando Sánchez Costa (PP, Partido Popular de Cataluña / Katalanische Volkspartei [PP]): „Er warnte davor, dass die derzeitige Sprachenpolitik seine Muttersprache, das Katalan, für viele zu einer unsympathischen Sprache mache. Er verteidigte die Annahme der Regelung, dass mindestens 25 % der Stunden auf Spanisch sein müssen, und sagte, dass derzeit nur sehr wenige Schüler das System des obligatorischen Eintauchens in die katalanische Sprache beibehalten wollen. Er forderte, dass Fächer nicht auf Englisch unterrichtet werden sollten, weil sie diese Fächer nicht lernen, sondern dass, wenn nötig, mehr Stunden auf Englisch unterrichtet werden sollten.“
Comuns Sumar Keine Aussage zur freien Wahl der Sprache im Wahlprogramm.2
Eigentlich ist es einfach. Demokratisch ist, wenn jeder seine Amtssprache frei wählen kann, wenn die Eltern bestimmen können, dass die Kinder in der Schule in ihrer Muttersprache lernen können. Es heißt, in Katalonien verstehen mehr als 90% Katalan und Spanisch. Wer in seiner Sprachwahl nicht unterdrückt ist, drückt sich zur Verständigung auch gerne in der anderen Amtssprache aus. Zwang zu einer Sprache löst Hass aus.
Auch deshalb brauchen spanische und regionale Estremnationalisten in ihrem gegenseitigen Kampf einander. Im April stellte ich in meinem Artikel Links, Rechts, Regionalismus, Nationalismus, Globalismus zum Schluß die Frage: „Sind all diese Streitereien über Unabhängigkeit vom spanischen Staat und die Begriffsverwirrungen um Links und Rechts nur gut, um von wichtigeren Fragen abzulenken?“
Aus den Äußerungen der in Katalonien bestimmenden Parteien geht mehrheitlich hervor, dass der Sprachzwang nicht beendet wird. Die spanischsprechende Mehrheit in Katallonien wird weiterhin damit leben müssen, dass ihre Kinder in den katalanischen Schulen nicht in ihrer Muttersprache lernen dürfen. Die Verwaltung bleibt im täglichen Leben einsprachig Katalan.
Sprachzwang hat in der Geschichte schon häufig zu Gewalt geführt.3 Danach sieht es in Katalonien zur Zeit glücklicherweise nicht aus. Aber der Zündstoff ist auch nicht beseitigt.
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