Zwischen dem 26. November und 4. Dezember soll ein „Referendum“ in den Schulen und Hochschulen der Comunidad Valenciana stattfinden wegen des Inkrafttreten des „Gesetzes über die Bildungsfreiheit“, das dem Modell der Mehrsprachigkeit der vorherigen Regierung Botànic ein Ende setzt.
So gut es einerseits ist, einen überblick über den Willen der Betroffenen oder Eltern zu bekommen, so trügerisch sind sowohl die dabei verwendeten Begriffe der„Bildungsfreiheit“ und der „Mehrsprachigkeit“ als auch die unterstellte Möglichkeit, dass die Beteiligten oder Eltern mit dieser Umfrage wirklich über die Unterrichtssprachen bestimmen können.
Wie die Información aus Alicante berichtet, muss trotz des Referendums „das Valenciano ,,, eine pädagogische Priorität bleiben.“ und fragt zum Schluß: „Sollte die Präferenz der Familie bei der Sprachgestaltung Vorrang haben, oder ist es notwendig, eine feste Politik zum Schutz des Valenciano zu verfolgen?“ Eine trügerische Wahl mit fragwürdigen Argumenten.
Der rechtliche Rahmen bleibt weiterhin das sogenannte Gesetz der Mehrsprachigkeit, das einen Mindestsatz von 25% für Valenciano vorsieht, wie die VN Valencia Noticias berichten.
Deshalb dient das Referendum auch nur dazu, „die Meinung der Familien einzuholen“ 1. Bestimmen, wie vor der Wahl von den jetzt regierenden Parteien versprochen, sollen sie nicht.
Nichtsdestotrotz bietet dieses Referendum Einwirkungsmöglichkeiten an den Schulen und in den Gemeinden. Wir sollten sie nutzen.
Der Zeitungsartikel beschreibt die Verordnung als Versuch, „die Verwendung des Valenciano zu schützen und zu fördern, einer Minderheitensprache, die ... Unterstützungsmaßnahmen benötigt, um ihren Fortbestand über Generationen hinweg zu gewährleisten.“ Wieso? Wieviel Generationen sollen wir vorschreiben, welche Sprache sie zu nutzen haben? Latein ist heute eine tote Sprache. Wer weiß, in wieviel Generationen es Spanisch oder Englisch so ergeht?
Man muss immer wieder daran erinnern. Nur Menschen haben Schutzrechte. Werkzeuge nicht. Sprache ist ein Werkzeug, wenn auch ein ganz besonderes, mit dem man wie mit Musik Gefühle ausdrücken und auslösen kann. Dazu kommt, dass sich Sprache ständig ändert. Auch wenn es nützlich erscheint, für Sprachen Regelungen (z.B. Grammatik etc.) zu finden, schützen kann man sie nicht.
Das ist anders mit Sprechern einer Sprache. Deren Rechte kann und muss man schützen. Dazu gehört für alle Spanier, dass sie sich gegenüber dem spanischen Staat in ihrer Muttersprache ausdrücken können und der Staat ihnen in der gewünschten Sprache entgegentritt. Schülern sollte der Unterricht in ihrer Muttersprache gewährleistet werden, weil man darin besser lernen kann. Steuergelder sollten dazu verwendet werden, auch die Tradititonen und Kulturen aller spanischen Minderheiten zu fördern - in einem friedlichen Miteinander.
Die spanische Verfassung legt in Artikel 3 fest: „Castellano ist die offizielle spanische Sprache des Staates. Alle Spanier haben die Pflicht, sie zu beherrschen [Berichtigung - siehe unten] und das Recht, sie zu benutzen.“ (Castellano ist innerhalb Spaniens ein nützlicher Begriff für die Sprache, die weltweit als Spanisch bekannt ist und benutzt wird.)
Castellano als Pflicht klingt sehr vernünftig, aber ist es auch demokratisch?
Ein Blick nach Belgien2 (dreisprachig) und in die Schweiz (viersprachig) macht da ganz andere Möglichkeiten für einen freiheitlichen Umgang deutlich. In beiden Ländern gibt es keine Pflicht, eine der Amtssprachen zu sprechen. In unterschiedlichen Abstufungen gibt es die Möglichkeit, einen staatlich finanzierten Dolmetscher zu benutzen, wenn ich in einem anderssprachlichen Landesteil bin. Das ist besonders wichtig vor Gerichten, wo diese Regelung bei 100%iger Übernahme für ein faires Verfahren sorgen soll.
Wer immer einem anderen einen Sprachzwang auferlegt, riskiert den Groll der Verpflichteten. Das hat Franco mit seiner Sprachdiktatur bei vielen spanischen Minderheiten geschafft. Das schaffen heute katalanische und valencianische Separatisten3 mit ihrem Ausschluß von Spanisch und das führt emotional häufig zu einer kindischen Trotzhaltung.
Aber es ist menschlich verständlich. Auch ich brülle wütend „Sch...hammer“, wenn ich mir auf den Daumen statt auf den Nagel schlage. Vernünftig ist das nicht. Schuld und Verständnis soll man immer zuerst bei sich selbst suchen. Also bei Personen, nicht bei Werkzeugen.
Sprachzwang schützt nichts und niemanden. Es führt im schlimmsten Fall zur Konfrontation der Nutzer und löst nicht ein einziges Problem.
Selbstverständlich gebrauche auch ich Übersetzungsprogramme. Mit „Kopiere und Einfügen“ spart man viel Zeit und vermeidet einige Rechtschreibfehler. Aber Übersetzungsprogramme sind nicht fehlerfrei, wie man am Bild nebenan bemerkt. Ich hatte den Text aus der Verfassung kopiert und das Ergebnis ungeprüft in meinen Text übernommen. Es muß natürlich richtig heißen: „Alle Spanier haben die Pflicht, sie zu kennen“, statt zu beherrschen. Ich danke Antonio J., der mich auf diesen Fehler aufmerksam machte. 27. Oktober 2024
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